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Das Natternkränzlein

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Die Sage erzählt von Nattern, auch von solchen, die auf dem Kopfe ein silbernes Kränzlein tragen, die vor vielen Jahren auch im Leitzersbrunner Teich zu finden waren:

Diese Schlangen sind überaus selten und haben die Gewohnheit, sich im Jahre nur einmal zu baden. Sie baden dann stets an einem Sommermorgen in einer Quelle, aus der an diesem Tage noch kein Lebewesen getrunken hat. Bevor eine solche Natter badet, löst sich das Silberkränzlein vom Kopfe. Das Tierlein legt es ganz behutsam auf einen Stein. Verläßt die Schlange das Wasser, drückt sie ihr Köpfchen auf das Kränzlein, das so fest anwächst, als wäre es nie abgelegt worden Ist jemand so glücklich, ein Natternkränzlein zu finden, so kann er damit sein Hab und Gut bekiebig vermehren. Legt er das Kränzlein zu seinem Gelde, so kann er ausgeben, so viel er will. Es wird nicht weniger. Die Wirkung des Natternkränzleins hört sogar mit dem Tode keineswegs auf, sondern vererbt sich, ohne die Wunderkraft einzubüßen. Die Seele des letzten Besitzers des Kränzleins verfällt allerdings dem Teufel.

An einem Sommermorgen ritt ein armer Bauer aus Stockerau durch einen dichten Wald. Weil er vom langen Ritt durstig geworden war, stieg er vom Pferde und wollte aus einer nahen Quelle, die er schon früher kannte, trinken. Wie erschrak aber unser Bäuerlein, als er im Wasser eine Natter sah, die sich vergnügt schlängelte und wand. Der etwas erregte Mann wollte schon wieder den gefährlichen Ort verlassen und lieber durstig weiterreiten, als plötzlich sein Blick auf ein Kränzlein fiel, welches auf einem sonnenbeschienenen Steine lag, hell glänzte und wunderbar funkelte. Weil der Bauer von der Wunderkraft eines solchen Kränzleins wusste, sprang er schnell hin, steckte es zu sich, eilte zu seinem Pferde, das ganz in der Nähe graste, bestieg es und galoppierte davon. Aber so einfach gelang ihm die Flucht nicht. Die Natter hatte den Raub bemerkt, fuhr zischend aus dem Wasser und setzte dem Flüchtling nach, so unheimlich schnell, dass sie sich bald auf die Hufe des galoppierenden Pferd heftete und den Reiter bedrohte. In seiner Not sprang der Bauer von seinem Rappen, um sein Heil im Dickicht des Waldes zu suchen. Die Natter setzte ihm nach. Mit riesigen Sprüngen erreichte das Bäuerlein eine dicke Eiche deren Stamm ein Heiligenbild trug. Er klammerte sich an dem Baum fest und berührte das Bild, sodass ihm die böse Natter nichts tun konnte. Vor Wut zischend legte sich die Schlange dem zu Tode geängstigten Mann zu Füßen und wartete auf den Augenblick, in dem er die Hand vom Heiligenbild ließe. Er wäre sofort des Todes gewesen.

Nach einer Weile kam ein altes Weiblein des Weges, das vor dem Heiligenbild stehen blieb, um eine kurze Andacht zu verrichten. “Helft mir, Frau! Befreit mich von dem giftigen Wurm!“ rief ihr der Bauer von weitem entgegen. “Wohl kann ich helfen,“ entgegnete die Alte, die Schlangen zu bannen verstand. “Umsonst tu ich’s nicht, es ist eine Krönlnatter, die euch bedroht. Gebt mir das Silberkränzlein, und ich will sie euch von Leibe halten!“ forderte sie. Wie sollte sich jetzt der Bauer aus der Schlinge ziehen? “Ja, ihr kriegt das Silberkränzlein“, versprach er und war überaus glücklich, als die Natter nach einigen beschwörenden Worten des Weibleins ins Dickicht kroch. Gleich danach reute es ihn freilich, dass er den Schatz für so geringe Mühe der Alten versprochen hatte. Mit einemmal besann er sich aber eines anderen. “Dank euch, Frau“, wandte er sich recht höflich an seine Retterin. Voll Habgier setzte er hart hinzu: “Aber das Kränzlein geb’ ich nicht her. Der Finder bin ich und mir gehört’s“. Das Weiblein, das wohl Schlangen bannen, aber nicht berufen konnte, musste sich der Entscheidung des Bauern fügen, ob es wollte oder nicht. Weil sich der Gerettete dem Weiblein gegenüber doch erkenntlich zeigen wollte, nahem er es mit in sein Dorf. Es sollte in seinem Hause bis an ihr Ende wohnen und es gut haben. Arm, wie die Alte war, nahm sie den Vorschlag an und zog mit ihm.

Seit jenem Erlebnis im Walde waren etliche Jährchen vergangen. Der Bauer war durch das Natternkränzlein reich geworden. Seine Getreideböden waren immer zum Bersten voll, und sein Geld ging nie zu Ende. Von dem Tage an, da er das Kränzlein besaß, war er vorsichtig geworden. Nie durfte die Alte wissen, wo er das Kleinod aufbewahrt habe. Immer wieder lauerte der Bauer recht eilig fort und legte das Kränzlein, ohne die nötige Vorsicht walten zu lassen, auf einen Platz im Hause, den er für geheim hielt. Nachdem er fort war, steckte das Weiblein rasch den kostbaren Schatz zu sich und verließ den Hof. Als der Bauer zurückgekehrt war, fand er weder das Kränzlein noch die Alte. Er wusste aber genau, wer den kostbaren Schmuck der Natter gestohlen hatte. Obwohl er mit größter Anstrengung nach der alten Frau suchte, konnte er sie nie mehr finden. Indessen ging es dem alten Weiblein sehr gut. Es verwendete das Kränzlein wie sein Vorgänger und wurde im Nu dadurch sehr reich. Als es aber eines Tages vergaß, das Silberkränzlein rechtzeitig vom Schüttboden zu nehmen, kam es der Besitzerin abhanden. Die Knechte, die keine Ahnung davon hatten, dass im Getreide ein so wertvolles Silberkränzlein verborgen lag, füllten die Säcke und schafften mit ihnen den kostbaren Schatz zur Mühle.